Öffentlicher Lichtfang vom 26. zum 27. Juli 2019 im Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz

Berichterstattung: Peter Göricke & Armin Hoch

Unter der Überschrift „Natur erleben im Biosphärenreservat - Faszination Insekten“ veranstalteten die Entomologen-Vereinigung Sachsen-Anhalt e.V. (EVSA) gemeinsam mit dem Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz (BR KSH) in der Nacht vom 26. zum 27. Juni 2019 im Südharz einen öffentlichen Lichtfang.

Dem mehrfachen Aufruf in der örtlichen Presse, im „Karstkurier“ und im Veranstaltungsplan des Biosphärenreservates folgten über 25 interessierte Besucher, die den Spezialisten der EVSA, eingeladenen Fachleuten und den Mitarbeitern des BR KSH bei ihrer Tätigkeit über die Schulter blicken wollten.

Die gute Beteiligung war wohl hauptsächlich auf die interessanten Habitate, die optimalen Wetterbedingungen (um 2.00 Uhr nachts betrug die Temperatur noch ca. 20° C) und die für die Besucher interessante Thematik zurückzuführen.

Die Beteiligten wurden durch Armin Hoch (BR KSH) und Peter Göricke (EVSA) am Verwaltungssitz des BR KSH in Roßla begrüßt und mit dem Ablauf vertraut gemacht (Abb. 1). Dabei wurde den Teilnehmern erläutert, dass Lichtfang und auch diese Veranstaltung ein Bestandteil der seit ca. eineinhalb Jahren laufenden faunistischen Untersuchungen der EVSA für viele Insektengruppen auf dem Gebiet der Karstlandschaft Südharz und einzelner angrenzender Biotope sind. Durch die EVSA und ihre Mitglieder werden noch bis zum Jahr 2020 Freilanduntersuchungen mit der Anwendung einer Vielzahl faunistischer Untersuchungsmethoden bei einzelnen Geländebegehungen und den jährlichen Exkursionstagungen durchgeführt. Diese Methoden werden durch ein Fallenerfassungsprogramm (Bodenfallen, Farbschalen, Flugeklektoren) an insgesamt über 20 speziellen Untersuchungsflächen ergänzt. Die Fallenflächen-Auswahl erfolgt(e) gemeinsam durch die Beteiligten mit dem Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, die laufenden Fallenleerungen durch Mitarbeiter des BR KSH und die wissenschaftliche Auswertung der Fänge durch Taxa-Spezialisten der EVSA. Die Bedeutung der einzelnen genannten Untersuchungsmethoden und des Lichtfangs zur umfassenden Darstellung eines Gebietes wurden erläutert. Der Lichtfang ist eine effektive Methode zur Erfassung nachtaktiver Insektenordnungen, insbesondere für die Mehrzahl der Schmetterlingsgruppen und u.a. einzelner Familien bei Käfern, Zweiflüglern, Wanzen, Zikaden sowie Wasserinsekten.

Abb. 1Nach der Einführung teilten sich die Akteure und Gäste auf und fuhren an drei Lichtfangorte im Untersuchungsgebiet. Dort waren inzwischen noch weitere Besucher eingetroffen und konnten den Aufbau von insgesamt fünf Lichtfanganlagen an folgenden Standorten verfolgen:

  1. Borntal bei Wickerode (Abb. 2) mit zwei Lichtfanganlagen betrieben durch Friedrich Schulz (EVSA) und Manuel Oliveira, Jeffrey Gründel, Alexander Notzke, Katharina Zistl (Studenten der Hochschule Anhalt Bernburg) und Thomas Lehmann (EVSA) und Teilnahme von Marten Kieß (BR KSH) und Peter Göricke (EVSA).
  2. Weinberg bei Wallhausen (Abb. 3, 4) mit zwei Lichtfanganlagen betrieben durchMatthias und Bettina Thate (EVSA) und Sven Schönebaum (EVSA) und Teilnahme von Armin Hoch (BR KSH).
  3. Südexponierte Hanglagen am Haardt bei Hainrode mit vier LF-Türmen betrieben durch Michael Schaarschmidt/Leipzig und Siegmar Martschat/Leipzig und Teilnahme von Karsten Kühne (BR KSH).

Abb. 2: Lichtfang am 26. Juli 2019 im Borntal

Abb. 3: Meeting mit einigen Gästen und Teilnehmern vor Beginn des Lichtfangs am Weinberg bei Wallhausen

Abb. 4: Lichtfanganlage am Weinberg bei Wallhausen

Der eigentliche Lichtfang wurde an den einzelnen Stationen zwischen 21.30 und 22.00 Uhr begonnen und bis über Mitternacht und an den meisten LF-Orten bis 2.00 bzw. 3.00 Uhr durchgeführt. Dabei kamen verschiedene Methoden zur Anwendung. Bewährt haben sich abgespannte weiße Fangtücher, die von außen mit Quecksilberdampflampen, besonderen Leuchtstoffröhren oder Schwarzlichtlampen beleuchtet und über Generatoren oder leistungsstarke Batterien gespeist werden. Neuentwickelt wurden beispielhaft sogenannte Lichtfangtürme, die von innen mit speziell für Insektenuntersuchungen im optimalen Spektralbereich gestalteten LED-Lampen angestrahlt und über Power-Packs versorgt werden. Der Anflug war sehr gut und die Insekten wurden von den Experten begutachtet, bestimmt, teilweise fotografiert und anschließend wieder frei gelassen. Einzelne Exemplare bestimmungskritischer Arten wurden für eine spätere Identifizierung sowie Präparation mitgenommen und werden in wissenschaftlichen Vergleichssammlungen aufbewahrt.

Es wurden an den einzelnen Lichtfangorten zwischen 45 bis 85 Schmetterlingsarten sowie insgesamt an den drei Standorten über 100 Arten festgestellt. Darüber hinaus erfolgte eine Vielzahl von Nachweisen aus anderen Insektenordnungen. Am Untersuchungsort Weinberg bei Wallhausen führte M. Thate den Besuchern zusätzlich die Köderfangmethode im angrenzenden Eichenwald vor und wies damit weitere Schmetterlings- und andere Insektenarten nach.

Die Auswertung der Fangergebnisse an den drei Standorten ist noch nicht abgeschlossen. Dennoch kann zum jetzigen Zeitpunkt auf einzelne herausragende faunistische Ergebnisse eingegangen werden.

Am Standort Borntal wurden durch die Studenten der HS Bernburg u.a. die fünf Bandeulenarten Noctua pronuba, N. fimbria, N. janthina, N. orbona und N. comes nachgewiesen, wobei insbesondere die letzten drei Arten mit ihrem als vereinzelt bis selten bekanntem Auftreten bemerkenswert sind. Die ersten drei Noctua-Arten flogen auch beim Lichtfang am Weinberg in Wallhausen an. F. Schulz meldet das Auffinden der lokal auftretenden und sehr seltenen Eulenfalterart Eugnorisma depuncta. An beiden Lichtfanganlagen im Borntal flogen jeweils nach 1.00 Uhr nachts einzelne Exemplare der Stahlmotte Lithosia quadra an. Nach Schmidt & Schönborn (2017) sind für die seltene Flechtenbärenart, die in Sachsen-Anhalt in der Rote-Liste-Kategorie 2 - stark gefährdet - geführt wird, aktuell mehrere Nachweise bekannt, nachdem die Art seit Jahrzehnten im Land verschollen war.
M. Thate hat an seiner Lichtfanganlage am Weinberg in Wallhausen die lokal sowie selten auftretenden Eulenarten Ipimorpha subtusa, Cosmia affinis, Lygephila craccae und Aedia funesta festgestellt. An gleicher Stelle traten die als sehr lokal und als selten bis vereinzelt vorkommend bekannten Spannerarten Scopula virgulata und Sterrha ochrata auf. S. Schönebaum hat an der von ihm betriebenen Anlage ebenfalls die Eulenfalterarten Ipimorpha subtusa, Lygephila craccae sowie darüber hinaus die lokale und seltene Grüne Flechteneule Cryphia algae nachgewiesen. Zu den ca. 45 angeflogenen Schmetterlingsarten hat S. Schönebaum auch einen extrem seltenen Hornissenbockkäfer Plagionotus detritus festgestellt, der in der Roten Liste Deutschlands als stark gefährdet geführt wird. Des Weiteren wurde auch eine Wanzenart (Abb. 5) am Licht in Wallhausen aufgefunden. Bei der abgebildeten Wanze handelt es sich um ein Exemplar der ca. 12 mm großen Wolfsmilchwanze Dicranocephalus agilis.

Abb. 5: Wolfsmilchwanze Dicranocephalus agilis


P. Göricke hat beim Lichtfang im Borntal ca. 15 Land- und Wasserwanzenarten und dabei u.a. die in mehreren Stücken auftretende 14–17 mm große Kielwanzenart Acanthosoma haemorrhoidale festgestellt. Von Th. Lehmann wurden neben vielen Schmetterlingsarten auch einige faunistisch interessante Käferarten am Licht nachgewiesen. Am Lichtfangstandort Haardt bei Hainrode wurden durch M. Schaarschmidt ca. 85 Schmetterlingsarten festgestellt, deren Auswertung noch nicht abgeschlossen ist.

Die Besucher bescheinigten den Veranstaltern ihre Zufriedenheit darüber, dass sie an dem Abend sehr viel Interessantes und Wissenswertes über Insekten erfahren konnten. Es bleibt zu hoffen, dass sich einige interessierte Besucher an der Begeisterung der Fachleute für die „Insekten der Nacht“ angesteckt haben und zukünftig die wichtigen und interessanten Aufgaben bei der Erfassung und Erforschung der Biodiversität und sich daraus ergebene Naturschutzprojekte unterstützen. Nur das was man kennt, kann man schützen.

Abbildungsverzeichnis:
Abb. 1: Teilnehmer am 26. Juli 2019 vor Abfahrt zu den einzelnen Lichtfangorten am Verwaltungssitz des Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz in Roßla. Foto: Bettina Thate.
Abb. 2: Lichtfang am 26. Juli 2019 im Borntal. Foto: Peter Göricke.
Abb. 3: Meeting mit einigen Gästen und Teilnehmern vor Beginn des Lichtfangs am Weinberg bei Wallhausen. Foto: Bettina Thate.
Abb. 4: Betrieb einer Lichtfanganlage am Weinberg bei Wallhausen. Foto: Bettina Thate.
Abb. 5: Ein Exemplar der Wolfsmilchwanze Dicranocephalus agilis am 26.7.2019 sitzend auf einem Lichtfangtuch am Weinberg in Wallhausen. Foto: Sven Schönebaum.

Anschrift der Verfasser:
Peter Göricke, Fasanengasse 6, 39179 Ebendorf
Armin Hoch, Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz, Hallesche Straße 68a, 06536 Südharz OT Roßla